Susanne Thäsler-Wollenberg
….dürfen kleine Kinder nicht. Wer kennt nicht den volkstümlichen Reim, mit dem man versucht, Kinder vor Schaden zu bewahren? Dinge, die uns täglich umgeben, kommen manchmal erst ins Bewusstsein, wenn sie entweder nicht funktionieren, verlegt worden sind oder eine Gefahr bedeuten. Im Alltag sind sie selbstverständlicher Bestandteil unseres Lebens. Deshalb sind sie kaum ein Motiv in der Fotografie, denn ein „historisches Gesetz“ des Kunstschaffens deckt auf, dass erst dann Sachverhalte im künstlerischen Schaffen auftauchen, wenn sie nicht mehr als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden. Das erklärt auch die Massenproduktion von Tier- und Landschaftsbildern in der Fotografie. Etwas festhalten, was plötzlich bedroht ist, die letzten Paradiese für die Erinnerung bewahren, scheint ein allgemeiner Konsens.
Unsichtbarkeit des Selbstverständlichen
Wo aber bleibt unser Alltag in der Fotokunst? Oft werden erst die verschwundenen Objekte unserer Lebenswelt interessant. Die alte Kaffeemühle, ein altes Waschmittelprodukt oder der banale Kartoffelstampfer, längst ersetzt durch ein intelligentes Mixgerät, geben Anlass zur Betrachtung. Dabei wird auch deutlich, dass Dinge immer mit Erinnerungen und Emotionen verbunden sind. Deren Funktionalität ist eine Sache, ihre symbolische Qualität eine andere. Ganze Epochen definieren sich über das Design und die Möglichkeiten von Gebrauchsgegenständen und Maschinen. Menschen stehen in einer ständigen Wechselbeziehung zwischen dem Gebrauch des Gegenstands und dem, was der Gegenstand bedeutet. Die Dingwelt prägt unsere kulturellen Gewohnheiten.
Die fotografische Spürnase
In einem Kulturprojekt wird aktuell fotografisch untersucht, wie dem Unsichtbaren, Selbstverständlichen, eine künstlerische Bühne geschaffen werden kann. Eine Gruppe Alleinerziehender wird mit vier Fotokünstlerinnen Dinge des Alltags untersuchen und damit ein sehr privates Zeitdokument erstellen. Gerade in Zeiten, in der der Lebensbereich eingeschränkt ist, intensiviert sich Blick auf die unmittelbare Umgebung. Befördert werden soll in den Bildern gleichzeitig die Reflexion unserer Alltagskultur, in der wir Konsumenten und Verbraucher von Objekten sind, denn pausenlos werden Dinge entwickelt, hergestellt, beworben, gekauft, verwendet und ausgemustert. Rohstoffe werden gewonnen und in Fabriken umgeformt, Herstellungsprozesse verbrauchen Ressourcen und Energie. Damit ist der Blick auf Alltagobjekte auch der Blick auf die politische Dimension unserer Alltagsgewohnheiten.
Medien als Werkzeug in Zeiten von Corona
In dem von SHIA e.V. (Landesverband Brandenburg) initiierten Projekt „HALBE WELT/GANZES LEBEN“ wird versucht, die Fotografie weniger als Instrument der Ästhetisierung zu gebrauchen, als sie stattdessen zu einem Werkzeug des Sehens zu verwenden, das in einer forschenden, spielerischen und experimentellen Weise direkt in die Reflexion des Gesehenen führt. Wieweit dies gelingt, wird sich in der geplanten Ausstellung zeigen, die, je nach Coronabedingungen, im Frühsommer oder im Herbst im Kulturbahnhof Halbe geplant ist. Bisher konnten sich die Teilnehmer*innen online treffen, was inzwischen in vielen Arbeitsbereichen schon Gewohnheit ist.
Günstig für das Projekt, das auch soziale Ziele verfolgt,sind eine in Aussicht gestellt Förderung des Landkreises und die Schirmherrschaft des Landrates Stefan Loge. Für die noch fehlenden Eigenmittel erbittet der Verein Spenden.
SHIA e.V.
Stichwort „HALBE WELT“
DE95100205000003330300
BFSWDE33BER
3553 Z.